Als charakteristisches Merkmal des
handwerklich-zünftische Lehrverhältnisses war das Lernen ein unmittelbarer
Bestandteil der alltäglichen Arbeit und Produktion. Es dominierte das Prinzip
des Vor- und Nachmachens (imitatio). Der Lehrprozess war wenig formalisiert.
Der Lehrling/ die Lehrtochter partizipierte an der Erfahrung und der über die
Arbeitstätigkeit hinausgehende betriebs- und berufsspezifischen Kenntnisse und
Fertigkeiten des Lehrmeisters. Es erfolgte eine Sozialisation in die Gebräuche
und Lebensweise des beruflichen Umfeldes.
Der Berufslernende ist der Lehrling, seinen
Abschluss zum Gesellen macht er mit der Gesellenprüfung. Mit dem Gesellenbrief
wurde er in den Beruf aufgenommen. Nach einer mehrjährigen Wanderschaft,
gefolgt von einer Prüfung vor versammelter Zunft – je nach Beruf mit
Meisterstück – konnte man den Meistertitel erwerben, der zum Führen eines
eigenen Betriebes und der Ausbildung von Lehrlingen berechtigte.
Der Grundstein für die Entwicklung beruflicher
Bildungsinstitutionen wurde mit dem Bundesbeschluss von 1884 zu
Subventionierung beruflicher Bildungsinstitutionen gelegt. Jedoch erst 1930
wurde die Berufsbildung auf eidgenössischer Ebene per Gesetz geregelt. Dies
schrieb für industriell-gewerbliche, handwerkliche und kaufmännische Berufe
einen gültigen Lehrvertrag vor und machte den Lehrabschluss zwingend von dem
Besuch einer Berufsschule abhängig. Das Gesetz trat am 1. Januar 1933 in Kraft
und wurde bis dato dreimal revidiert.
Die Landes- und Weltausstellung begünstigten
die Entwicklung der Berufsbildung in der Schweiz. So waren die
Landesausstellungen eine Gelegenheit sich nicht alleine über gewerbliche und
industrielle Exponate, sondern auch über den Stand des Bildungswesens einen
Überblick zu verschaffen. Die Wiener Weltausstellung 1873 wies der Bildung auf
internationaler Ebene erstmals einen prominenten Platz zu. So wurde in weiterer
Folge für die Weltausstellung in Chicago
1893 eine informative Broschüre zum schweizerischen Schulwesen veröffentlicht.
Die Weltausstellungen transportierten die zentrale Botschaft, dass gute Schulen
und eine harmonische Bildung für wirtschaftliches Fortkommen und
gesellschaftliches Wohlergehen unerlässlich sind.
Die Frage, inwiefern der war
Handfertigkeitsunterricht für die Berufsbildung relevant war, kann damit
beantwortet werden, dass die Arbeit mit den Händen im Primarunterricht auf das
werktätige Leben vorbereiten sollte. Man erhoffte sich auch so einen Teil der
betrieblichen Lehre durch diesen Unterricht ersetzen zu können. Kinder sollten
an den Gebrauch von Werkzeugen gewöhnt werden, ihr Augenmass und die Sicherheit
der Hand entwickeln.
Die eidgenössisch geregelte Berufsbildung
entstand neben den kantonalen Schulhoheiten, da die Kantone laut einer
vorparlamentarischen Expertenkommission, Mitte der 1920er Jahre, nicht in der
Lage seien, in gleicher Weise berufliche Qualifikationen zu bestimmen und zu
vereinheitlichen. Daher wurde diese Aufgabe der Koordination und der Steuerung
dem Bund übertragen. Die Etablierung eines beruflichen Bildungswesens, dass
neben den Kantonen neu auch dem Bund und den Berufsverbänden sowie den
Sozialpartnern eine gestaltende Rolle zugestand, erwies sich als äusserst
konsensfähig, angesichts der wirtschaftlichen Erfordernisse,
kantonsübergreifend die Qualität der Berufsbildung zu erhöhen, um international
konkurrenzfähig zu bleiben.
Diese und weitere Fragen zum Buch (samt Antworten) finden sich hier.
Literatur: Emil
Wettstein, Philipp Gonon (2009): Berufsbildung in der Schweiz (Kapitel 4,
S.67-86). Hep-verlag, Bern
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